Auf den ersten Blick wirkt das Bauwerk von außen eher unscheinbar - der steinerne Pavillon befindet sich am Rande des historischen Zentrums der Stadt. Wer jedoch unter die Erde geht, entdeckt ein erstaunliches Werk der Renaissance-Architektur. Der Brunnen ist 53 Meter tief und wurde zwischen 1527 und 1537 im Auftrag von Papst Clemens VII. gebaut. Er suchte hier Zuflucht während der dramatischen Ereignisse, als Rom von den Armeen Karls V. geplündert wurde. Der Papst wollte sicherstellen, dass Orvieto auch im Falle einer langen Belagerung einen sicheren Zugang zu Wasser hatte.
Die Doppelspirale - eine Meisterleistung von Antonio da Sangallo
Der Autor des Projekts war der berühmte Architekt und Ingenieur Antonio da Sangallo il Giovane, der den Brunnen so entwarf, dass Menschen und Tiere reibungslos auf die Wasseroberfläche gelangen und diese verlassen konnten. Darin liegt seine Einzigartigkeit: zwei getrennte spiralförmige Rampen.
Im Inneren des Brunnens schlängeln sich zwei Wendeltreppen nach unten, die sich nie treffen. Eine Rampe führt nach unten, die andere führt nach oben. Dieses ausgeklügelte System verhinderte Zusammenstöße zwischen den Eseln, die einst die Wasserbehälter trugen, und entgegenkommenden Menschen. Für die Beleuchtung sorgen 70 in die Brunnenwände eingelassene Fenster, durch die das Tageslicht eindringt und ein faszinierendes Spiel von Schatten und Reflexionen erzeugt.

Warum der Name St. Patrick?
Sie fragen sich vielleicht, warum ein Brunnen den Namen des irischen Schutzpatrons trägt. Der Name Pozzo di San Patrizio stammt aus der Legende von der Höhle des heiligen Patrick in Irland, von der es heißt, sie führe ins Fegefeuer und erwecke den Eindruck eines Brunnens ohne Boden. Die Einwohner von Orvieto benutzten diesen Namen, um die Tiefe und Monumentalität ihres Brunnens zu beschreiben.
Ein historisches Denkmal und ein Touristenmagnet
Heute dient der Brunnen nicht mehr der Wasserversorgung der Stadt, sondern ist zu einer wichtigen Touristenattraktion und einem Symbol für Orvieto geworden. Von seinem Rand aus kann man direkt auf die Wasseroberfläche blicken, wo die runden Wände das Licht in hypnotischen Mustern reflektieren. Der Abstieg über 248 Stufen auf den Grund des Brunnens ist ein unvergessliches Erlebnis, bei dem man den technischen Erfindungsreichtum der Renaissance-Baumeister mit eigenen Augen sehen kann.